4 Fragen an Claudia Teissier de Wanner

Lebenslanges Lernen – Bildung als das höchste Gut

Claudia Teissier de Wanner ist studierte Lebensmittelchemikerin, ließ sich dann aber als Sprachkursleiterin ausbilden, um mehr Zeit für ihre Kinder zu haben. Durch einen Krankenstand konnte sie vor 22 Jahren von einem auf den anderen Tag in der Volkshochschule Tirol anfangen zu unterrichten. Bereut hat sie diesen Schritt nie – in unserem Interview erzählt sie mit viel Leidenschaft, warum sie gerne unterrichtet, wie sie das persönlich bereichert und was ihre Teilnehmer*innen aus Kursbesuchen mitnehmen können.

Du gibst zurzeit Online-Sprachkurse in der Volkshochschule. Kannst du uns kurz erzählen, was Teilnehmer*innen von einem Online-Kurs erwarten können?

Es ist verständlich, dass die Leute ein bisschen Respekt haben vor etwas Neuem. Aber man braucht überhaupt keine Angst zu haben. Es geht ja darum, dass wir die methodisch-didaktischen Prinzipien vom Präsenzunterricht auch im Online-Unterricht weiterführen – egal, in welchem Format, die Teilnehmer*innen sollen sehr viel sprechen, schreiben, lesen, hören in der Fremdsprache. Die Interaktion mit der Kursleitung ist extrem wichtig, auch wenn es ein Bewegungs- oder Kochkurs ist. Was man auf keinen Fall erwarten sollte, ist, dass man ein Referat hört. Wir versuchen, in diesem Online-Raum auch die Gruppendynamik zu stärken, dass die Leute untereinander kommunizieren können ­­­­– sie haben auch Möglichkeiten, untereinander zu sprechen, wir haben einen Chat, in dem sie sich auch privat austauschen können, sie können ihren Bildschirm teilen, sie können der Gruppe ein Foto von ihrer Katze zeigen, wenn sie das wollen. Es entstehen wirklich die gleichen oder sehr ähnliche Austauschmöglichkeiten im Online-Kurs wie im Präsenzkurs im Sinne von Gruppendynamik. Im Sinne von „Was lernen wir und was machen wir?“ ist es sehr ähnlich wie im Präsenzkurs. Im Sprachkurs schreiben wir Texte, wir hören Audios, wir haben die Möglichkeit, die Leute in Kleingruppenarbeit arbeiten zu lassen. Genauso, wie sie im Klassenzimmer zu zweit oder zu dritt eine Aufgabe gelöst haben, lösen sie sie jetzt auch im Online-Unterricht. Die Motivation der Teilnehmer*innen steigt. Ich merke wirklich, dass das, was früher ein bisschen mühsam war, dass die Leute die Hausübung machen und unter der Woche auch noch was erledigen, im Online-Kurs viel besser ist.

Kannst du uns ein paar allgemeine Tipps zum Fremdsprachenlernen geben?

Mein Tipp, wenn jemand eine Fremdsprache lernen möchte, ist, dass man sich auf eine neue Welt einlassen sollte – nicht nur, weil eine Sprache wirklich eine Welt ist. Eine Sprache ist Kultur, Musik, die Gewohnheiten der Leute, all das braucht man, um eine Sprache zu lernen – das ist eine Seite. Die andere Seite ist, dass Menschen oft eine sehr schwere Lernbiografie mitbringen, das bedeutet, dass sie ihr Leben lang mit falschen Methoden gelernt haben, z. B. Stichwort Vokabeln runterrattern. Es tut mir weh, wenn jemand in den Kurs kommt und sagt, „Ich hab‘ drei Stunden gelernt!“, und dann merkt man keinen Fortschritt im Kursgeschehen. Dann ist es, weil diese Person die falschen Ansätze zum Lernen hatte. Es liegt in den Aufgaben von uns als Kursleiter*innen, diese neuen Techniken bekannt und auch schmackhaft zu machen und dann müssen die Teilnehmer*innen sich darauf einlassen und sich überraschen lassen.

Hast du besondere Erinnerungen an deine Zeit bei der Volkshochschule, an bestimmte Kurse, Personen, Erlebnisse?

Ich bin sehr begeistert von diesem Beruf. Ich könnte mir keinen schöneren vorstellen und ich denke, sonst würde ich einen anderen machen und nicht diesen. Es ist sehr wohltuend, mit so vielen Menschen Kontakt zu haben. Ich kann nicht sagen, dass ich meine Kursteilnehmer*innen näher kenne, weil das wäre anmaßend, glaube ich, aber auch nach einem oder zwei Semestern – dadurch, dass wir einen sehr kommunikativen Unterricht haben, in dem wir viel teilen – erfahren wir sehr vieles gegenseitig, sie über mich und ich über meine Teilnehmer*innen, es ist wirklich ein Austausch. Ich bin überzeugt, dass die Gesellschaft davon profitiert, wenn Menschen Kurse machen und ich profitiere sehr davon, Kurse zu leiten, weil ich so viele Erfahrungen von anderen Menschen zur Verfügung habe, um daraus zu lernen. Es gibt wirklich sehr viele schöne Momente.

Gibt es etwas, dass du den Leser*innen noch gerne mitgeben würdest?

Ich komme aus Mexiko und ich habe das Glück, dass ich aus einer Familie komme, in der Bildung ganz wichtig war. Meine Eltern haben in unsere Bildung ganz viel Geld und Mühe investiert. Ich habe es hier in Österreich mit meinen Kindern – meine Kinder sind jetzt 26 und 24 – so erlebt, dass Bildung gegeben wird. Deshalb würde ich an die Gesellschaft, die es gewohnt ist, sowas zu haben, appellieren, das zu schätzen, weil Bildung ist ein ganz großes Gut und es wird vielen Menschen auf der Erde nicht gegeben, weil es die Möglichkeiten nicht gibt. Österreich ist ein sehr fortschrittliches Land, in dem alle ausgebildet und gebildet werden. Das ist ganz viel wert und oft tut es mir weh, wenn ich merke, das wird nicht geschätzt. Schätzt diese Möglichkeiten, sich zu bilden, sich weiterzubilden! Lebenslanges Lernen hält uns jung, macht uns neugierig, gibt uns Freude. Es gibt keine größere Freude als zu spüren, dass man etwas machen kann, dass man etwas schafft, dass man sich bemühen muss, um etwas zu erreichen. Man muss natürlich viel arbeiten, damit es fruchtet, aber das ist ja das Spannende.

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